Als die Band The Buggles 1979 den Titel „Video killed the radio star“ veröffentlichten, waren Musikvideos für jede Band, die etwas auf sich hielt, ein Muss. Die Sender MTV und VIVA, die uns immer mit den neuesten Clips versorgten, starteten in den 80ern. Aber hatte das Einfluss auf das gute alte Radio? Ich meine nein. Es kam und kommt nämlich immer auf die Gelegenheit an, in der Informationen oder Unterhaltung konsumiert werden. So ist es auch im Marketingbereich.

Heute heißt es nicht mehr wie in dem One-Hit-Wonder Video oder Radio, nein es heißt Social-Media, Online oder Print. Jeder in der Kommunikationsbranche sieht sich immer öfter mit der Frage konfrontiert: „Warum eigentlich Print – ich hole mir die Informationen online auf mein Handy oder Tablet“. Gerade wenn man für internationale Etats arbeitet, bei denen die Marketingleitung in Übersee sitzt, kommt diese Frage nahezu stereotyp. Getreu dem Motto „Lebt denn der alte Holzmichl noch?“ wird man mehr oder minder offensiv gefragt, ob man nicht verstärkt Onlinemedien adressieren, vielleicht auch ausschließlich auf Influencer setzen müsste, aus Gründen der Reichweite. Social Media heißt es, ist doch das Gebot der Stunde. Zeitschriften und Zeitungen lese doch keiner mehr.

Meine Antwort darauf ist immer dieselbe: „jein“. Genauso wenig wie das Radio, in seiner heutigen Form eher als DAB+ beliebt, tot ist, sind es die Printmedien. Zumal fast jede Publikation auch online verfügbar ist. Die Frage, die wir uns als Kommunikationsprofis immer stellen müssen, ist: Wo erzielen wir mit überschaubaren Mitteln die größte Reichweite in der relevanten Zielgruppe? Baue ich in eigens dafür ins Leben gerufenen Social-Media-Kanälen diese Reichweite mühsam, weil zeitaufwändig und mit hohen Kosten verbunden, erst auf? Erreiche ich so tatsächlich mein Zielpublikum oder setze ich in der Berichterstattung auf etablierte Kanäle, die sich problemlos archivieren und konsumieren lassen – und zwar genau dann, wenn die Zielgruppe wirklich Zeit hat?

Deutsche lieben nach wie vor Haptik

Die Bevölkerung mag in dem Punkt gespalten sein. Eines ist aber gewiss: Die deutschen Konsumenten lieben nach wie vor Haptik und Übersichtlichkeit. Wer schon mal ernsthaft versucht hat, auf seinem Handy eine FAZ oder eine Fachzeitschrift zu lesen, wird verstehen, wovon ich spreche.

Natürlich ist es auch bei uns immer eine Frage der Kommunikationsausrichtung und der Zielgruppendefinition. Im BtoB-Bereich sind Businessnetzwerke gefragt, im BtoC-Bereich Instagram und Co. Nichtsdestotrotz sind in beiden Bereichen auch Print- und Onlinemedien immer noch beliebt. Ja, zugegeben, die Auflagen sinken, die Werbeeinnahmen, ohne die ein Printtitel nicht existieren kann, ebenfalls. Dennoch halte ich ein Inhaltsverzeichnis für besser als ein Pull-Down-Menü. Ein Blättern bringt mich auch zu anderen interessanten Themen, nach denen ich über Google und Co. explizit suchen müsste. Seitenlanges Scrollen ist auch nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Von der Lesbarkeit der Texte ganz zu schweigen – nun, das mag meiner Alterskurzsichtigkeit geschuldet sein. Einzige Ausnahme bilden da meiner Meinung nach die e-Paper.

Die richtige Dosis aus allen Bereichen

Was lernen wir also daraus? Jeder Kunde hat das Recht auf eine individuelle, umfassende Beratung. Und nur die richtig dosierte Zusammenstellung aus Social-Media, Online und Print bringt die größte Reichweite und erreicht nahezu alle Interessenten. Das Motto sollte also sein, das eine tun und das andere nicht lassen.

So handhaben wir es bei uns im Unternehmen seit Jahren und sind sehr erfolgreich damit. Man kann also nicht pauschal sagen: Social-Media ersetzt Print. Jede Disziplin hat ihre Daseinsberechtigung – aber erst im Zusammenspiel entfaltet sich die ganze Kraft.

Und nur mal so zum besseren Verständnis: Ich fand die Eintagsfliege „Video Killed the Radio Star” schon immer schrecklich und kann den Holzmichl nicht die Bohne leiden – das aber nur am Rande.