In meine Elternzeit, die sich von etwa Ende Juni bis Ende Juli bewegte, fiel ja bekanntlich auch die diesjährige Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Da dieses Mal die Emotionen sehr hochkochten, speziell als unsere Mannschaft frühzeitig aus dem Turnier ausschied, habe ich viele Artikel gelesen, etwas recherchiert und Social Media-News verfolgt. Fazit: Mir fiel auf, dass die Berichterstattung und PR doch irgendwie ganz anders ist, als die PR, die wir betreiben. Stichwort hier sind „Emotionen“.
PR im Sport
Seit Beginn des Web 2.0-Zeitalters haben PR-Verantwortliche von Sportlern, Sportvereinen oder -verbänden die Möglichkeit, ihre Botschaften eigenständig über verschiedenste soziale Netze medial perfekt zu verwerten. Sie selbst können dabei die Zielgruppe bestimmen, die sie erreichen wollen. Und dabei erreichen sie in Teilen weit mehr Rezipienten als über den Einsatz und die Publikation von Informationen über die klassischen Medien.
Social Media-Plattformen als Dampfablasser
Ich stellte dabei fest, dass der größte Unterschied im Gegensatz zur Unternehmenskommunikation vor allem in der Emotionalität des Sports, in diesem Beispiel Fußball, sowie in der Beziehung zur Mannschaft liegt. Dies wird auch getragen durch die emotional aufgeladenen Fußball-Fans im Stadion und vor den Bildschirmen zu Hause oder mit Kollegen und Freunden im Stammlokal. Digitale Kommunikationsplattformen tragen wesentlich zur Verbreitung der Stimmung der Sport-Fans bei – insbesondere die Social Media Kanäle. Durch Social Media-Plattformen werden die Emotionen der Fans noch direkter an die Kommunikationsverantwortlichen herangetragen – das konnte man auch beim Abstieg von Eintracht Braunschweig in die 3. Liga sehen. Wilde Diskussionen und Enttäuschungen verfolgte ich dabei über Wochen bei Facebook.
Wie arbeitet der Sport-Pressesprecher eigentlich?
Nach meinen Recherchen arbeiten Pressesprecher im Profi-Fußball etwa an sieben Wochentagen im permanenten Krisen-Modus und stehen einer wesentlich größeren Clipping-Menge gegenüber im Gegensatz zu Pressesprechern aus anderen Branchen. Dies konnte ich beispielsweise auch bei meinem Kollegen in unserer Agentur erkennen, der die Clippings der Basketball Löwen Braunschweig erhält.
Verschiedenste Clippingverwertungen
Sportkommunikation stellt einerseits die Herausforderung einer großen Menge an Clippings, die im Sinne der Sponsorenanalyse wesentlich sind. Auf der anderen Seite geht es aber auch um die gezielte Auswahl der relevanten Clippings für die Kommunikationsschnittstelle. Emotional aufgeladene Clippings werden nach Angaben der Vereine ebenfalls geteilt und dies oft in Social Media-Plattformen oder sogar über Messenger wie Whatsapp. Und die dortigen Diskussionen kommen dann meist einem Vulkanausbruch gleich. Emotionen scheinen daher immer stark mit dem Sport verbunden zu sein und sind heute auch ein Mittel, den Verein und die Mannschaft PR-technisch „interessant“ zu machen.
Emotionen in der WM 2018 und die Berichterstattung
Kommen wir zurück zur Fußball-WM 2018 und der damit verbundenen Berichterstattung: Was mich persönlich immer etwas missmutig macht, sind im Profi-Fußball die oft unsachlichen Kommentare und wüsten Beschimpfungen, die sich besonders in den Social Media-Foren niedersetzen. Überhaupt finde ich, dass Facebook mittlerweile zum „Extrem-Dampfablassen“ unter selbsternannten Fußball-Experten geworden ist.
Von Deutschland, über Ronaldo bis hin zu Neymar
Speziell in dieser WM traf es natürlich uns wegen unseres frühen Ausscheidens – die aggressiven Diskussionen und Beleidigungen, die in den Foren hin- und hergeschmissen wurden, ließen mich teilweise fassungslos vor dem Bildschirm erstarren, sodass ich oft dachte: Haben wir nicht andere Probleme, die vielleicht wichtiger sind? Nach unserer Mannschaft folgte bekanntlich Cristiano Ronaldo – ein allseits beliebtes Opfer, der natürlich aufgrund seiner hochgekrempelten Hose bei Freistößen, seines Super-Bodies und allgemein aufgrund seiner Eitelkeit natürlich in den Boden gestampft werden musste. Aber welch ein Glück für Ronaldo – er wurde plötzlich abgelöst durch: Neymar! Aufgrund seiner theatralischen Schmerzensschreie bei Fouls und Rumwälzens auf dem Rasens wurde ein dermaßen großes Feindbild aus dem Boden gestampft, was mich noch mehr verwundern ließ. Selbst renommierte Tagesblätter berichteten in Facebook sehr emotional geladen und verärgert über den brasilianischen Stürmer und machen ihn oft zum Sündenbock für schlechte Fußballspiele. Interessant dabei war: In der „Neymar-Zeit“ las man deutlich weniger über unsere Jungs und Ronaldo – so zumindest meine Beobachtung. Der Emotions-Fokus scheint sich insbesondere immer auf ein Objekt zu beziehen.
Auch hier sieht man – Sport scheint ein Ventil zu sein und Social Media bietet die Plattform dazu um Dampf abzulassen. In welchem Maße dies geschehen sollte, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich selbst fand es übertrieben bezüglich einzelner Spieler – gerade in der Hinsicht, dass sich alle Fußballer oft sehr divenhaft anstellen und bei kleinsten Fouls jammern. Selbst unsere Jungs beschwerten sich über mangelnden Luxus im Trainingslager. Millionäre sind eben andere Dinge gewöhnt. Das sollten wir nicht vergessen!
Ich persönlich bleibe daher eher bei meinem Lieblingssport Tennis, der weniger emotional aufgeladen in den Medien diskutiert wird und meines Erachtens auf einem anderen Sportniveau-Level spielt! Aber jedem das Seine.
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