Heute möchte ich mal ein bisschen über Snapchat lästern schreiben. Erstmal ein paar Eckdaten: Snapchat ist ein kostenloser Instant-Messaging-Dienst zur Nutzung auf Smartphones und Tablets. Über die App können Fotos an Freunde versendet werden, die nur eine bestimmte Anzahl von Sekunden sichtbar sind und sich dann – theoretisch – selbst „zerstören“. Der Wert der App wurde im September 2015 mit 19 Milliarden US-Dollar beziffert. Neuesten Statistiken zufolge sehen ca. 100 Millionen aktive Nutzer täglich 7 Milliarden Video-Clips, damit zählt Snapchat aktuell zu den am schnellsten wachsenden Social-Plattformen und liegt weltweit nur knapp hinter Facebook, das auf ca. 8 Milliarden tägliche Video-Aufrufe kommt. In der Theorie könnte die Plattform für Marketer also durchaus interessant werden. 45 Prozent der Nutzer sind zudem zwischen 18 und 24 Jahre alt und Snapchat Marketing ist nur mit einem geringen Kostenaufwand verbunden.

Lustiges Foto gemacht – und nu?

Wenn man sich die App herunterlädt und installiert, hat man als über 30-Jährige allerdings schnell das Gefühl, nicht mehr mitzukommen. Ich mach n komisches Selfie von mir, schreib was rein, mach was drauf und ab dafür. Aber wohin eigentlich und für wen??? Aber zum Glück geht das nicht nur mir so. Selbst etablierte YouTube-Sternchen der Generation Facebook haben bei Snapchat so ihre Startschwierigkeiten:


Follower sind bei Snapchat schwer zu akquirieren, denn um sich auf Snapchat zu befreunden, muss man entweder den Code eines Freundes abfotografieren oder seinen exakten Nutzernamen kennen. Aber ich glaube keiner meiner – zumeist über 30-jährigen – Freunde hat Zeit für Snaps.

Auffällig ist: Snapchat hat etwas Authentisches, Unmittelbares. Ich glaube hier sind alle ein bisschen mutiger, denn sie wissen ja, dass die Videos – theoretisch – wieder verschwinden (praktisch gibt’s da natürlich einige Tricks um peinliche Snaps für iiiiimmer und eeeewig zu speichern). Wo man bei Instagram viel Zeit und Filter für das perfekte Posting investiert, schickt man bei Snapchat trotzdem tendenziell einfach ab. So entstehen spontane Bilder und Videos direkt aus dem Alltag, dekoriert mit buntem Gekritzel und Emojis.

Snapchat – Kommunikationsplattform der Zukunft?

Trozdem, mal ganz ehrlich, hier ein paar Punkte die mich schon nach wenigen Minuten bei Snapchat nerven:

  1. Videos dauern bei Snapchat maximal zehn Sekunden. In dieser kurzen Zeit einen zusammenhängenden Satz zu sagen, der dann auch noch stichhaltig, witzig, originell und am besten alles gleichzeitig ist, ist echt schwer. Vielleicht lernt man aber auch schnell, sich auf das Wesentliche zu beschränken…
  2. Bei Snapchat kann man in die Videos oder Fotos Emojis einbauen und sie beliebig vergrößern (auch sowas tolles machen wie Dollarzeichen über die Augen, lustige Hüte aufsetzen, Glubschaugen, Regenbogenkotze mit Einhorn-Kopfbedeckung (OK, das ist irgendwie cool) etc.). Das mag vielleicht manchmal helfen, eine Aussage auf den Punkt zu bringen oder zu unterstreichen, kann aber irgendwann auch echt nerven. Mir reicht es schon, wenn ich täglich Wattsapp-Nachrichten entziffern muss, die in Emoji-basierter Sprache völlig kryptisch daher kommen: „*Winkehand*, wollen wir uns heute auf einen *Kaffeetasse* treffen?“ Urgx.
  3. Das Textfeld bietet einem nicht viele Zeichen. Im Bild kann man deshalb eigentlich nur Schlagworte verwenden. Ein Satz im Video, Emoji, Schlagwort. Soll so unsere zukünftige Kommunikation aussehen?

Egal, trotz alledem muss ich zugeben, dass ich die App während und kurz nach der Pubertät und mit einem breiten Snapchat-Freundeskreis vielleicht auch ganz lustig gefunden hätte. Vielleicht bin ich ja insgeheim auch nur frustriert, weil ich heute keine Zeit mehr für solchen Schabernack habe (allein der Gebrauch des Wortes „Schabernack“ verrät mich als Ü30-erin). Beruflich ist das natürlich etwas anderes. Sollte einer unserer Kunden eine Kommunikation mit seiner Zielgruppe über Snapchat wünschen, stehen auch die Ü30er bereit. Aber dann will ich auf jeden Fall irgendwas mit Regenbogenkotze machen…