Nach einigem Kopfschütteln in den letzten Wochen muss ich  mich mal wieder im Blog zu diesem Thema „auslassen“. Denn als Ex-Redakteur stoßen mir immer wieder einige Sachen auf, die ich für den heutigen Journalismus sehr befremdlich finde. Gemäß meinem letzten Beitrag möchte ich dieses Mal die Prüfung von Medieninhalten und sogenannte Presseterminvereinbarungen ansprechen.

Zu schnelle Veröffentlichungen…

Ersteres fiel mir beim Gegenlesen beim Veröffentlichen von Pressemeldungen auf: Mit einem scheinbar schnellen Copy und Paste und kurzem eigens eingefügten Kommentar werden einige Aussagen über Produkte veröffentlicht, die so einfach nicht stimmen. Die Folge: Richtigstellung unsererseits, die uns zusätzliche Arbeit kostet.

Auch wenn wir uns bemühen in unseren Pressemeldungen immer die Wahrheit zu sagen, wo bleibt das kritische Hinterfragen des Journalisten, das ich tagtäglich durchführte?

…und zu wenig Besetzung

Klassisches Fakten-Checking in Redaktionen wird scheinbar nicht mehr oder zumindest unzureichend durchgeführt. Der Grund? Hier mutmaße ich auf eigener Erfahrung – die Begrenzung des Redaktionsteams auf wenige Mitarbeiter innerhalb eines Verlags kann dafür eine Ursache sein – die Folge: Zeitmangel für Recherche und das Hinterfragen von Fakten. Richtig beunruhigend wird es, wenn es Journalisten als Spezialisten ihres Ressorts nicht für nötig halten, weitere Fragen zu stellen. Auch diese Aussage hörte ich schon am Telefon. Mangels Detailinformation werden zudem oft mögliche „Trends“ in Texten konstruiert, die eigentlich gar keine sind oder Innovationen geschaffen, die eigentlich gar nicht existieren.

Besorgniserregend sind auch die schriftlichen Fehlerquellen, die ebenfalls aufgrund Zeitmangel, Druckabgabe, Produktionsstress dazu führten, dass falsche Fakten kommuniziert wurden. Einmal gedruckt, kann dies sehr ärgerlich sein. Und damit stehen wir vor unseren Kunden auch nicht in einem guten Licht. Aber auch wir PR-Berater können einen Redaktionsprozess nicht komplett überwachen.

Diese Punkte können maßgeblich zur Schädigung des journalistischen Ansehens führen. Und dies sollte in künftigen Ausbildungen sowie Volontariaten zwingend unterbunden werden.

Neben der Recherche gehörte das Fact-Checking für mich zu den wichtigsten Punkten, die eine journalistische Ausbildung mit sich bringt und zu guten fundierten Texten führte. „Fragen stellen“ ist absolut kein Zeichen von Unwissenheit, sondern ist unsere tägliche Arbeit, unser Job, und sollte nicht unter den Tisch fallen.

Wie lässt sich dieses Manko beheben?

PR-Quellen müssen immer hinterfragt werden. Auch angegebene Quellen zu Statistiken sollten überprüft und ggf. mit dem Ansprechpartner des Unternehmens geklärt werden, NICHT mit dem PR-Berater. Hier sind auch wir gefragt immer einen Draht zum jeweiligen Ansprechpartner unseres Kundenunternehmens herzustellen. Aber speziell hier sehe ich das Problem, dass sich Redakteure mangels Zeit nicht in die Materie einarbeiten können.

Pressegespräch adé

Ein weiterer Punkt, der mir negativ auffiel und an das obige Thema anschließt, ist die Zusage zum Pressegespräch seitens des Redakteurs, auf einer Messe oder einem Event, um dann nicht zu erscheinen. Auch bei nochmaligem Reminder und einer Zusage am Tag davor, haben wir die Erfahrung gemacht, dass der Kontakt nicht erschien. Vor unserem Kunden eine peinliche Situation und zudem ärgerlich.

Was ist der Grund?

Desinteresse, Lustlosigkeit, wieder Zeitmangel oder einfach Dreistigkeit? Ich möchte meinen Ex-Kollegen nicht zu nahe treten, denn etliche Redakteure verhalten sich  grundsätzlich vorbildhaft. Dennoch gibt es eine nicht zu kleine Zahl, die Termine schlichtweg gern vergessen, sich dafür nicht einmal entschuldigen und sich selbst auf Nachfrage nicht dazu äußern.

Hier lässt sich kein Patentrezept finden, außer dass, wie bei mir damals, sämtliche Termine mit der Chefredaktion abgesegnet werden und verbindlich wahrgenommen werden müssen, um den nachhaltigen Ruf des Journalisten beim jeweiligen Unternehmen nicht zu schädigen. Denn speziell zukünftige Kooperationen im redaktionellen oder werblichen Bereich können sich mit nicht wahrgenommenen Terminen sehr negativ auswirken.

Fazit

Redaktionsprozesse werden schnelllebiger, Zeit immer weniger und die Besetzung immer knapper. Auf Basis dieser Fakten ist natürlich ein nicht ganz „sauberer“ Journalismus vertretbar, dennoch wünsche ich mir, dass die Qualität unserer Berichterstattung nicht nachlässt. Eine mögliche Maßnahme wäre, sofern nicht der Mitarbeiterstamm vergrößert werden soll, dass eine Verkürzung der Seitenzahl von Magazinen erfolgt und weniger parallele Sondermagazine publiziert werden. Denn das Aussterben vieler Publikationen, die sich angeblich nicht mehr „lohnen“, halte ich für zweifelhaft. Um nicht zu negativ abzuschließen: Qualität ist bei vielen Magazinen, Print als auch im Online-Bereich, immer noch genügend vorhanden. Doch die beschriebenen Mankos im Journalismus nehmen meines Erachtens zu und sollten daher entsprechend bearbeitet werden und manchen zum Nachdenken anregen.